Beim 12. Heilbronner Dialog zur personalisierten Medizin entbrannte die Diskussion um die Frage, inwieweit die Versorgung mit individuellen Heilungsansätzen in der Krebstherapie wirklich nur von der Finanzierung abhängt.
Zunächst gab Thomas Pfeil, Gesundheitsökonom des BioPharma-Unternehmens Bristol-Myers Squibb, einen Einblick aus der Perspektive der Pharmaindustrie. Es ließe sich feststellen, dass das Solidarsystem in Deutschland grundsätzlich sehr gut sei und entsprechend unabhängig von den finanziellen Mitteln eine angemessene Gesundheitsversorgung eines Patienten möglich sei.
Nun werden in den letzten Jahren insbesondere in der Krebsforschung verstärkt Anstrengungen unternommen, neue Medikamente zur Marktreife zu führen. Das ist ein zeit- und kostenaufwändiger Prozess von der Prüfung einer Vielzahl von Substanzen bis zur Zulassung eines Bruchteils dieser als Arzneimittel. Gerade bei seltenen Erkrankungen ermöglichen insbesondere Forschungsförderungen der Europäischen Kommission, dass die Kosten nicht vollständig auf die wenigen Patienten umgelegt werden.
Dabei hat die Forschung durchaus schon Früchte getragen. In den vergangenen 20 Jahren ist die Sterblichkeit bei Krebserkrankungen gesunken. Doch geht dies mit teureren Behandlungen einher? Thomas Pfeil meint Ja und Nein. Einerseits treten mit zunehmendem Lebensalter der Bevölkerung auch mehr Krebserkrankungen auf. Dabei sind Innovationen in der Therapie meist initial sehr teuer. Doch erfahrungsgemäß sinken die Preise mit der Zeit und Statistiken weisen eine stabile Ausgabenentwicklung bei Arzneimitteln auf. Auch die seit 2011 vorgeschriebene Nutzenbewertung verhindere eine Kostenexplosion. Insoweit ließe sich durchaus hoffnungsvoll auf neue Therapieformen der personalisierten Medizin schauen.
Doch auch wenn die Kosten sich stabil entwickeln, stellt sich die Frage, wie neue Therapieformen den Weg in das Gesundheitssystem finden und von den Krankenkassen übernommen werden. Marion von Wartenberg, Staatssekretärin a.D., stellvertretende Vorsitzende des Krebsverbandes Baden-Württemberg, erläutert, dass es den Kassen diesbezüglich auf eine Abwägung des Kosten-Nutzen-Leistungs-Verhältnis abkommt. Dabei stehe der Nutzen für den Patienten im Fokus, auch was die Aufklärung und Begleitung in der Therapie angeht. Doch wenn neue Ansätze, gerade in der personalisierten Medizin, das halten können, was sie versprechen, so können diese zwar eingangs kostenintensiver sein, aber andererseits auch mit weniger Nebenwirkungen und einem höheren Wirkungsgrad verbunden sein.
Entscheidend wird sein, inwieweit Mediziner auf Basis verschiedener Daten vorab eine möglichst genaue Erfolgsabschätzung für eine angedachte Therapie treffen können. Das wird sich erst langfristig zeigen. Dabei sind neben dem Krankheitsverlauf auch Aspekte der Lebensqualität in den Fokus zu setzen. Wichtig ist für Marion von Wartenberg, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere zwischen stationärer und ambulanter Behandlung in der zunehmend komplexen und datengetriebenen Versorgung. Dabei sollten Diagnostik und Behandlung an spezialisierten Zentren stattfinden, die sich in bestehende Strukturen integrieren.
Die personalisierte Medizin kann also zukünftig grundlegende therapeutische Erfolge erzielen, wobei die Translation in das deutsche Gesundheitssystem nicht allein vom Geld abhängig sein dürfte.
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Montag, 23.09.2019 Meine Daten für die Forschung, erstmals im Klinikum am Gesundbrunnen, Heilbronn